Aus dem Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 9.Mai 1933
Vor Eintritt in die Tagesordnung heisst der Ortsvorsteher den auf Grund des Gesetzes vom 12. April 1933 neugebildeten Gemeinderat in dem aus Anlass des erstmaligen Zusammentritts des neuen Gemeinderats festlich geschmückten Sitzungssaal herzlich willkommen.
…
Vom Fraktionsvorsitzenden der NSDAP wird der Antrag gestellt, zu Ehren des Herrn Reichspräsidenten die Obere Strasse in Hindenburgstrasse und zu Ehren des Herrn Reichskanzlers, die Lange Strasse in Hitler-Strasse umzubennen.
Der Ortsvorsteher erklärt, man möge erwägen, ob es wirklich eine Ehrung sei, wenn man einer Strasse in dem ausserordentlich schlechten Zustand, wie dies die Obere-Strasse ist, mit dem Namen eines grossen Führers beilege.
Bezüglich der Langen Strasse die in einem guten Zustand ist, könnte dem Antrag stattgegeben werden. Er bittet jedoch zu überlegen, ob es nicht ehrender wäre, die beiden freien Plätze bei der Kirche und am Ortseingang beim früheren Rössle nach den beiden grossen Führern Deutschlands zu benennen.
Es erfolgt darauf hin der Beschluss: Die Angelegenheit bis zur nächsten Sitzung zurückzustellen.
Aus dem Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 26. Mai 1933
In Erledigung des Antrags der Fraktion der NSDAP in der Sitzung vom 9.5. ds. Js. wird ohne Erörterung einstimmig beschlossen:
Zu Ehren des Herrn Reichspräsidenten die Obere Strasse in Hindenburgstrasse u. zu Ehren des Herrn Reichskanzlers die Lange Strasse in Adolf Hitler-Strasse umzubenennen und die hiezu erforderlichen Emailschilder auf Kosten der Gemeinde zu beschaffen.
Verfügung des Landrats vom 16.8.1945
Waiblingen, den 16. August 1945
Landrat in Waiblingen.
Nr. IV – 1990.
An die
Herren Bürgermeister
des Kreises Waiblingen
ohne Fellbach und Schorndorf
Betreff: Namen und Denkmäler.
Anlagen: o.
Auf Anordnung der Militärregierung sind sofort folgende Massnahmen durchzuführen:
A. Benennungen eines öffentlichen Parks, eines öffentlichen Wegs, eines Gebäudes (in öffentlichem oder privatem Besitz), eines industriellen Unternehmens oder einer sonstigen Einrichtung, die in Beziehung zum Nazismus oder deutschen Militarismus standen, sind sofort zu entfernen und dürfen nicht mehr gebraucht werden.
B. Jeder auf diese Weise entfernte Name ist sofort durch einen Namen zu ersetzen, der nicht unter das unter A ausgesprochene Verbot fällt.
C. Alle beweglichen Denkmäler, die mit dem Nazismus oder deutschen Militarismus in Verbindung stehen, sind sofort zu entfernen und auf einen Lagerplatz zu schaffen, wo sie zur Verfügung der Militärregierung zu halten sind.
D. An Denkmälern und Gebäuden, welche zur Entfernung und Aufbewahrung nicht geeignet sind, sind alle Sinnbilder und Abzeichen des Nazismus oder Militarismus zu entfernen.
E. Gebäude, die durch diese Anorndung (sic!) betroffen werden, können durch die Militärregierung zum eigenen Gebrauch herangezogen werden.
F. Unter Personen, die entweder mit dem Nazismus oder mit dem deutschen Militarismus in Verbindung stehen und deren Namen nach der Vorschrift A von öffentlichen Einrichtungen und Gebäuden zu entfernen sind, sind solche Personen zu verstehen, die in örtlichen, Kreis- oder Reichsstellen der NSDAP. ein Amt bekleideten oder anderweitig sich aktiv betätigten. Unter diese Organisationen fallen auch solche, die militärische Lehren förderten, die anerkanntermassen an den Nationalsozialismus geglaubt haben oder Anhänger der Rassenlehre oder einer militaristischen Richtung waren, oder solche, die freiwillig eine wesentliche moralische oder materielle Beihilfe oder eine politische Unterstützung irgend welcher Art für die NSDAP. oder die Nazibeamten oder Führer geleistet haben. Unter „Deutscher Militarismus“ sind alle Personen, Schlachten, Feldzüge und Einrichtungen zu verstehen, welche unmittelbar mit dem deutschen Militarismus verknüpft sind, sofern dieser sich nach dem 1. Januar 1933 ausgewirkt hat.
G. Vorstehende Anweisungen dürfen auf keinen Fall so ausgelegt werden, als würden sie die Ermächtigung geben, irgend eine Organisation oder Einrichtung oder ein Industrie Unternehmen das aufgelöst ist oder auf Grund anderer Bestimmungen nicht mehr existiert, unter einem neuen Namen wieder herzustellen.
Bis 1. September 1945 sehe ich einem Vollzugsbericht zu A – D entgegen aus dem hervorgeht, in welcher Weise den angeführten Anweisungen Rechnung getragen worden ist. Es ist zu berichten:
1. zu A: Nähere Bezeichnung der in Betracht kommenden Denkmäler, Strassen usw.
2. zu B: Angabe in welcher Weise der frühere Name ersetzt wurde.
3. zu C: Angabe der Statuen, Denkmäler usw. welche entfernt wurden und gegenwärtiger Aufbewahrungsplatz derselben.
4. zu D: Entfernung von Sinnbildern und Abzeichen an solchen Bildwerken, welche nicht entfernt werden konnten unter Angabe des genauen Standorts derselben. Fehlanzeige ist erforderlich.
I.V.
Antwort der Gemeinde an den Landrat vom 18.8.1945
18. August 1945
An den
Herrn Landrat
Waiblingen
Betr.: Namen und Denkmäler.
1. In Stetten i.R. gab es eine Hitler- u. eine Hindenburgstrasse. An der Glockenkelter, dem früheren Hitlerjugend- u. Partei-Heim hatte der Ortsgruppenleiter eine Gedenktafel anbringen lassen, die seine Verdienste verewigen sollte.
2. Die Hitlerstrasse heisst heute wieder wie früher „Lange Gasse“, die Hindenburgstrasse ebenso wie früher „Obere Gasse“.
3. Die Gedenktafel an der Glockenkelter hat der Ortsgruppenleiter eigenhändig entfernt.
4. F e h l a n z e i g e
Schreiben der Gemeinde an das Finanzamt vom 24.8.1945
24.8.1945
An das
Finanzamt
Waiblingen
Ich bitte auf allen Anschriften statt Adolf-Hitlerstrasse wie früher Langegasse und statt Hindenburgstrasse wie früher Oberegasse zu setzen. Die Gebäudenummern sind dieselben geblieben.
Verfügung des Landratsamtes Waiblingen vom 4.12.1946
Waiblingen, den 4.12.1946
Landratsamt Waiblingen
Nr. 3080
An die Bürgermeisterämter
des Kreises Waiblingen
Betreff: Beseitigung von nazistischen oder militaristischen Strassennamen
Beilagen: o.
Nach Anordnung der Militärregierung müssen bis 1. Januar 1947 sämtliche Schilder oben genannter Art beseitigt sein, ohne Rücksicht darauf, ob die Ersatz-Schilder mit den neuen Strassen-Namen bereits fertig gestellt sind.
Ich ersuche, hiernach das Weitere zu veranlassen.
Aus dem Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 28. März 1947
Gemeinderat … stellt den Antrag, die Hindenburgstrasse wieder in ihre frühere Bezeichnung „Obere Strasse“ zurückzuändern.
Der Bürgermeister gibt hierzu die Ansicht der Militärregierung bekannt.
Gemeinderat … wünscht Beibehaltung der seitherigen Bezeichnung.
Der Antrag wird anschliesslich in geheimer Abstimmung mit 6 zu 6 Stimmen abgelehnt.